Interoperative Radiotherapie (IORT)
Bei der IORT kommt ein mobiler linearer Teilchenbeschleuniger zur Anwendung, der einen Elektronenstrahl mit unterschiedlicher Energie erzeugt. Die Anwendung erfolgt im Operationssaal. Nach der vollständigen Entfernung des Tumors und ihrer Bestätigung durch sofortige Histologie führt der Chirurg ein Aluminium-Blei-Plättchen über dem grossen Brustmuskel ein, um die darunter liegenden Strukturen und Organe (Brustwand, Herz, Lunge) zu schützen.
Die verbleibende Brustdrüse wird dann temporär oberhalb des Plättchens rekonstruiert. Die Dicke der verbleibenden Brustdrüse ist massgeblich für den Radioonkologen/die Radioonkologin. Er/sie legt anhand dieses Parameters fest, wieviel Energie für eine ausschliessliche IORT-Behandlung oder eine Boost-Behandlung verabreicht werden soll. Letztere wird durch eine externe Bestrahlung der gesamten Brustdrüse ergänzt. Die Elektronen werden mit Hilfe eines zylindrischen Applikators mit variablem Durchmesser direkt auf den operierten Bereich und die rekonstruierte Brustdrüse gerichtet. Nach der Behandlung wird die Schutzplatte entfernt, anschliessend wird der chirurgische Eingriff nach dem üblichen Verfahren abgeschlossen.
Die Mailänder Studien haben als erste die Ergebnisse der intraoperativen Strahlentherapie analysiert. Sie umfassen über 8’000 Patientinnen mit einem primären unifokalen Mammakarzinom, die nach strikten Kriterien ausgewählt wurden. Die vom Europäischen Institut für Onkologie (EIO) veröffentlichten Berichte zeigen, dass die Rezidivquote nach 10 Jahren Nachverfolgung bei der IORT-Behandlung nicht anders ausfällt als bei der externen Strahlentherapie. Derzeit ist die IORT Patientinnen nach der Menopause vorbehalten, die einen unifokalen Tumor mit klar definierten biologischen Eigenschaften und ohne Lymphknotenbefall aufweisen, der weniger als 2,5 cm misst. In den nächsten Jahren dürften weitere Indikationen dazukommen, sodass mehr Frauen von dieser Art der Behandlung profitieren werden.
Bei bestimmten Patientinnen, die nicht alle Kriterien für eine ausschliessliche IORT-Behandlung erfüllen, kann eine «Boost»-IORT angebracht sein. In diesem Fall verläuft die Strahlentherapie in zwei Phasen: zunächst während des chirurgischen Eingriffs (partielle IORT) und dann rund 3 Wochen nach der Operation. In diesem Fall fällt die ergänzende externe Strahlentherapie kürzer aus, da sie in 13 Dosen über 2,5 Wochen verabreicht werden kann.